Ein neuer Carbon-Leakage-Schutz für die energieintensive Industrie

Zu den energieintensiven Industrien (EID) gehören unter anderem die Chemie-, Stahl-, Zement-, Papier, Glas-, Kupfer- und Aluminiumindustrien. In Deutschland finden rund 880.000 Beschäftigte ihr Auskommen in diesen Branchen und erwirtschaften mehr als 330 Milliarden Euro Umsatz jährlich. Deutschland gehört zu den wenigen Ländern Europas mit einer bedeutenden energieintensiven Industrie. Insgesamt beträgt der deutsche Industrieanteil am Bruttowirtschaftsprodukt rund 25 Prozent, der europäische Durchschnitt liegt bei rund 16 Prozent. Nach wie vor verfügt Deutschland über relativ geschlossene industrielle Wertschöpfungsketten.

Diese Branchen vereint, dass ihre Produkte mit hoher Energieintensität hergestellt werden müssen, und dass sie in weltweitem Wettbewerb stehen. Sie sind somit sowohl energie- als auch handelsintensiv. Ihre Produkte werden häufig als sogenannte „bulk products“ global gehandelt, sie unterscheiden sich in den Produkteigenschaften wenig voneinander, egal, wo sie hergestellt und gehandelt werden. Dies bedeutet, dass lokale Preiserhöhungen – zum Beispiel aufgrund steigender CO2– oder Strompreise – kaum oder gar nicht auf dem Produktpreis aufgeschlagen werden können. Dies bedeutet auch, dass die standortspezifischen Energiekosten eine entscheidende Bedeutung für die Unternehmen und deren Investitions- und Standortentscheidungen haben. Nationale und regionale Strom- und Energiekosten und Energiepolitik sind somit entscheidende Standortfaktoren. Zudem spielt die Handelspolitik eine zentrale Rolle.

Die EU-Kommission hat im Winter 2019/20 eine Untersuchung zum neuen Carbon-Leakage-Schutz-Regime der EU avisiert, bzw. will gegebenenfalls einen „Grenzausgleichsmechanismus“ einführen. Neben dieser Art von Carbon-Leakage-Schutz gibt es auch andere Modelle, die die Wettbewerbsfähigkeit der energie- und stromintensiven Branchen erhalten können, nicht zuletzt das Modell der festgelegten Industriestrompreise. Auch ein Grenzausgleichsmechanismus ist in den Details sehr komplex, bzw. kann sehr unterschiedlich gestaltet werden – mit Auswirkungen auf Wertschöpfungs- und Lieferketten sowie auf die Investitionstätigkeit.

In einem Eckpunktepapier erörtert die Stiftung Arbeit und Umwelt Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle und stellt Kriterien eines effektiven Carbon-Leakage-Schutzes auf.

Ergebnisse werden im Herbst 2020 erwartet.