„Der Verwundbare schätzt nicht den Wandel, sondern Stabilität und Gemeinschaft. Für die obere Schichten bedeutet Wandel, dass du dich weiterentwickelst oder ein Start-up gründest. Für die Arbeiterklasse heißt Wandel meist, dass du gefeuert wirst“.

Wer der Erzählung nicht traut, dass der derzeitige demoskopische Hochlauf der rechtsradikalen AfD und die nicht zu übersehende Konjunktur für populistische Rhetorik von der zugegebenermaßen total katastrophal verlaufenden Debatte um das „GebäudeEnergieGesetz“, vulgo „Heizungs-Hammer“, käme, hat nicht nur recht, sondern findet für seine Skepsis auch treffliche Argumente in diesem Buch.

„Die falschen Freunde der einfachen Leute“ lautet der Titel eines 138 Seiten schmalen Bandes aus der „Edition Suhrkamp“. Dem österreichischen politischen Autor und Journalist Robert Misik gelingt darin eine interessante, nachvollziehbare und sehr lebendige Beschreibung einer populistischen Politik und Agitation, mit der sich vornehmlich Rechtspopulisten als vermeintliche Anwälte eines missachteten „einfachen Volks“ aufspielen. Dass diese in Wirklichkeit nicht die Interessen dieses von ihnen zitierten „Volks“ im Blick haben, sondern, einmal an der Macht, dieses natürlich sofort verkaufen, das gehört zu den schon älteren Erkenntnissen über populistische Politik. Robert Misik nimmt aber auch eine populistische Linke ins Visier, die sich vergleichbarer rhetorischer Muster bedient. Ihm gelingt die Darstellung eines Gesamtbildes über Gründe, Muster und Funktionsweisen populistischer Politik. Für uns Leser*innen kann der Mann aber glücklicherweise nicht nur politische Analyse, sondern auch so Schreiben, dass diese Analysen nicht schon nach der Lektüre des Vorworts im Bücherregal („für später“) verschwinden. Im Gegenteil: Dieses Buch ist, obwohl schon 2019 auf dem Lesemarkt, immer noch sehr aktuell. Vor allem aber ist es so gut geschrieben, dass es ein (nicht nur intellektuelles) Vergnügen ist, es zu lesen. Ich empfehle es unbedingt zur Lektüre!

Andrea Arcais