Geoökonomie als neue Weltordnung
Die Welt ist – gelinde gesagt – in Unordnung. Was einst als globalisierter Welthandel galt, gerät zunehmend unter Druck. Besonders die USA, die mächtigste Wirtschaftsnation der Welt, greifen die regelbasierte Ordnung offen an. Doch wie lässt sich diese Entwicklung beschreiben?
Der 1990 geborene Ökonom Milan Babić liefert eine präzise Analyse: Er beschreibt die aktuelle Weltlage als von „Geoökonomie“ geprägt – einem Zustand, in dem wirtschaftliche Macht zur zentralen Waffe internationaler Politik wird. In diesem neuen System nutzen Staaten gezielt ökonomische Mittel, um geopolitische Ziele zu verfolgen, Konkurrenz zu erzeugen oder andere Akteure gezielt zu schwächen.
Die Globalisierung der 1990er-Jahre, so Babić, ist vorbei. Stattdessen tritt eine Phase ein, in der der globale Handel nicht mehr primär der Effizienzsteigerung dient, sondern gezielt als Waffe eingesetzt wird, in der Investitionen zunehmend durch politische Sicherheitsinteressen gesteuert werden – etwa durch Investitionskontrollen in „kritischen Sektoren“. Technologie gilt nicht mehr nur als Innovationstreiber, sondern als geostrategisches Machtinstrument.
Zentrale Akteure dieser geoökonomischen Neuordnung sind die USA und China, deren Rivalität den globalen Rahmen neu absteckt. Die Europäische Union sieht sich gezwungen, sich zwischen diesen Polen neu zu positionieren. Multinationale Konzerne treten dabei nicht länger als rein private Akteure auf – sie sind, so Babić, zunehmend eng mit staatlichen Interessen verflochten.
Sanktionen etwa gegen Russland, Iran oder China, Exportkontrollen bei Halbleitern und Hochtechnologie, Investitionsbeschränkungen wie das FDI-Screening in der EU und den USA sowie Industrie- und Subventionspolitiken wie der US Inflation Reduction Act oder Chinas Belt and Road Initiative. Babić warnt davor, die Geoökonomie als kurzfristige „Phase“ zu missverstehen – vielmehr handle es sich um einen tiefgreifenden strukturellen Wandel im globalen Kapitalismus, in dem nationale Sicherheit und wirtschaftliche Strategie dauerhaft miteinander verschränkt sind.
Die „Entkopplung“ zwischen China und dem Westen wird in diesem Zusammenhang als längerfristiger Trend dargestellt.
Dieses Buch bietet eine andere Perspektive auf die Entwicklung der geostrategischen Realitäten und Verwerfungen und ist ein wichtiger Diskussionsbeitrag zur Frage, wie vor allem Europa und seine Regierungen auf diese Herausforderungen reagieren könnten.
Es ist zudem sehr gut geschrieben im Sinne von: Lesbar. Ich kann es sehr empfehlen.
Geoökonomie als neue Weltordnung
von Milan Babić
Suhrkamp Verlag 2024
Broschur, 237 Seiten
20,00 Euro