Sozial-ökologische Transformation gelingt nur mit starker Industrie- und Beschäftigungspolitik

  • Transformationscamp der IGBCE und der Stiftung Arbeit und Umwelt
  • Ambitioniertere Klimapolitik muss mit einer deutlich ehrgeizigeren Industriepolitik kombiniert werden
  • Beschäftigungschancen und ein stärkeres Aus- und Weiterbildungssystem spielen in diesem Prozess eine zentrale Rolle

 Berlin. Gut eine Woche vor der Bundestagswahl haben die Industriegewerkschaft IGBCE und die Stiftung Arbeit und Umwelt der IGBCE gestern wichtige Impulse für eine erfolgreiche sozial-ökologische Transformation gegeben. Aus gutem Grund: Der Industriestandort Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. Das Ziel ist damit klar, der Weg dorthin allerdings noch nicht. Um über den richtigen Weg zu diskutieren, standen auf dem ersten Transformationscamp der IGBCE besonders zwei Fragen im Zentrum der Debatten:

  1. Was kann die Industrie selbst tun, und was braucht die Industrie von der Politik, um zur beschleunigten sozial-ökologischen Transformation beizutragen?
  2. Wie stellen wir sicher, dass Gute Arbeit, Sozialpartnerschaft, Mitbestimmung und Gerechtigkeit tragende Säulen in der Transformation werden?

In zahlreichen Diskussionen und Vorträgen wurden Lösungsansätze auf eben jene Fragen der sozial-ökologischen Transformation entwickelt. Über 250 Gäste folgten den Debatten in zwölf Sessions mit insgesamt über 30 Referent*innen aus Industrie, Gewerkschaft, Wissenschaft und Politik.

Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IGBCE sowie der Stiftung Arbeit und Umwelt, sagte während der Debatte: „Es kommt auf die nächste Bundesregierung an, einen förderlichen Rahmen für mehr und beschleunigte Investitionen in eine moderne, klimaneutrale Industriegesellschaft zu schaffen. Wir wollen als wesentlicher Akteur in Wirtschaft und Gesellschaft unseren Beitrag dazu leisten, das Versprechen, dass ambitionierter Klimaschutz mit wirtschaftlicher Prosperität und sozialem Fortschritt kombinierbar ist, einzuhalten.“

Die Weichen für das Gelingen der Transformation werden in den kommenden Jahren gestellt. Die 20er Jahre sind das entscheidende Jahrzehnt. Michael Vassiliadis verwies in der Diskussion mit Blick auf den Weg zur Klimaneutralität auf sieben entscheidende Anliegen, die es für diesen Prozess braucht:

  1. Eine vorausschauende, gestaltende und nachhaltige Industriepolitik für die Entwicklung und Herstellung von Zukunftsprodukten sowie -technologien in Deutschland und Europa.
  2. Ein drastisch beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien zur Deckung des Strom- und Wasserstoffbedarfs der Industrie für eine klimaneutrale Produktion.
  3. Deutlich stärkere Mechanismen der Innovations- und Investitionsförderung für Industrieakteure zur Umstellung auf strom- und wasserstoffbasierte Verfahren.
  4. Eine Neubestückung des Instrumentenkastens der sozialen Marktwirtschaft in der Betriebsverfassung und im Mitbestimmungsgesetz für die Zukunftsaufstellung Deutschlands und Europas.
  5. Die Einrichtung eines staatlichen Beteiligungsfonds mit einem Startvolumen von 120 Milliarden Euro für eine klimagerechte Transformation der deutschen Wirtschaft.
  6. Mehr gesamtgesellschaftliche Konsensfindung bei schwierigen Transformationsfragen, beispielsweise in Form von breit aufgestellten Kommissionen.
  7. Ein Ausgleichsmechanismus zur sozial gerechten Ausgestaltung der Transformation.

Beginn eines neuen industriellen Kapitels

Mit ihrem Transformationscamp setzen sich die IGBCE und die Stiftung Arbeit und Umwelt für eine moderne und vorausschauende Gewerkschaftsarbeit ein:  konstruktiv und zukunftsgewandt.

Die Transformation muss Klima- und Beschäftigungsziele gleichermaßen adressieren. Genauso wichtig und zentral wie das Aufzeigen möglicher Pfade hin zur Klimaneutralität ist der Fokus auf die Veränderungen in der Arbeit und Beschäftigtenstruktur. Welche Beschäftigungseffekte entstehen, hängt einerseits davon ab, ob es mithilfe aktiver Industriepolitik gelingt, die Standorte zukunftsfest zu machen. Andererseits kommt in den nächsten Dekaden ein gewaltiger Re- und Weiterqualifizierungsbedarf auf die jeweiligen Unternehmen zu. Eine vorausschauende Weiterbildungsoffensive, die den strukturellen Wandel beschäftigungspolitisch flankiert ist daher erforderlich.

„Das Transformationscamp steht für eine IGBCE, die sich ihrer Verantwortung bewusst ist. Denn wir stehen nicht am Ende der industriellen Epoche, sondern am Beginn eines neuen industriellen Kapitels. Eine erfolgreiche Transformation bedeutet für uns als Gewerkschaft auch, eine Mitbestimmungskultur, die den Beschäftigen Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet und ihre Kompetenz in den Wandel miteinbezieht. Das gelingt nur mit starken Gewerkschaften“, sagt die Geschäftsführerin der Stiftung Arbeit und Umwelt, Dr. Kajsa Borgnäs.


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Weitere Informationen finden Sie im Internet unter https://www.arbeit-umwelt.de/